Danielle Gebur: Erziehung im Wechselmodell – Frau P und ihre Ansichten zum Elterndasein

Eltern bleiben - Ein Leben lang

Danielle Gebur: Erziehung im Wechselmodell – Frau P und ihre Ansichten zum Elterndasein

8. November 2015 Uncategorized 4

Gastbeitrag von Volker Schönenberger, freiberuflicher Texter und Journalist (auch Unternehmenskommunikation), der bei „Die Nacht der lebenden Texte“ selbst als Blogger aktiv ist.Wechselmodell-Gebur-Lutz

Vor einiger Zeit hat Danielle Gebur von der Familienhilfe Potsdam ihre Bachelor-Arbeit unter dem Titel „Erziehung im Wechselmodell – Trennungskinder und gelungene Erziehungspartnerschaft“ in Buchform veröffentlicht. Dieses Buch habe ich in meinem eigenen Blog „Die Nacht der lebenden Texte“ ausführlich vorgestellt. Es enthält im Anhang Niederschriften von Interviews, die die Autorin zur Erstellung ihrer Arbeit geführt hat. Auf eines dieser Interviews will ich separat eingehen: Frau P, die das Wechselmodell von allen Befragten am negativsten dargestellt hat. Ich bitte schon jetzt um Nachsicht, wenn ich in der Folge deutliche Worte finde – oder wenn sie mir fehlen.

Spontan den Vater ihrer Kinder verlassen: Frau P

Die Trennung von Frau P und Herrn A verlief schmerzhaft – soweit also im üblichen Rahmen. Sie erfolgte schnell: Frau P beschloss, Herrn A zu verlassen und die beiden gemeinsamen Kinder mitzunehmen, und setzte das umgehend in die Tat um. In den Interviews bewerten beide dies naturgemäß etwas unterschiedlich: Frau P führt aus, sie habe sich relativ spontan getrennt. Herr A bestätigt das, nennt es ziemlich brutal. Auch das scheint nicht ungewöhnlich zu sein. Einigen Statistiken zufolge, die ich nicht selbst gefälscht habe, enden 70 Prozent der Beziehungen hierzulande mit der Trennung durch die Frau. Es wäre interessant zu erfahren, wie spontan diese Trennungen erfolgt sind und welche Versuche die Frau zuvor unternommen hat, die Beziehung zu retten – eine Beziehung mit Kind verpflichtet zweifellos in höherem Maße zu Rettungsversuchen als eine kinderlose.

Den Kerl einfach mal der Gewaltanwendung beschuldigen

Wie verlässt man eigentlich so kurz nach der Geburt des zweiten Kindes „spontan“ den Vater? Auf die Gefahr, dass andere Mütter auf Ideen kommen: Frau P ist mit beiden Söhnen in ein Frauenhaus gegangen. Frauenhaus? Das sind doch Einrichtungen, in die sich Frauen mit ihrem Nachwuchs vor häuslicher Gewalt durch den Partner flüchten können?! Gab es also häusliche Gewalt im Hause A/P? Frau P verliert kein Wort darüber. Ihr Ex-Partner gibt an, es habe auch der Vorwurf von häuslicher Gewalt im Raum gestanden. Anders komme man in ein Frauenhaus ja nicht rein. Die Mutter habe den Vorwurf dann auch zurückgezogen.

Frau P spricht das Thema häusliche Gewalt nicht an. Danielle Gebur hätte durchaus einmal nachfragen können, wie es der Mutter gelungen ist, Einlass ins Frauenhaus zu finden. Dass Frau P den Vorwurf im Interview nicht geäußert und bald darauf ein Familiengericht das Wechselmodell angeordnet hat, legt zumindest die Vermutung nahe, dass Herr A tatsächlich keine häusliche Gewalt ausgeübt hat. Im Klartext (ohne es abschließend bewerten zu können): Frau P hat anscheinend einen üblen Vorwurf erfunden, um den Vater ihrer Kinder abzuservieren. Als juristischer Laie kommen mir da die Straftatbestände der üblen Nachrede und Verleumdung in den Sinn. Dennoch hat ein Gericht Frau P im Anschluss die Kinder zur Hälfte zugesprochen. Einen Hinweis, dass sie in irgendeiner Form Konsequenzen zu tragen gehabt hätte, liefern beide Interviews ebenfalls nicht. Da darf die Frage erlaubt sein: Dürfen sich Mütter in Deutschland alles erlauben?

Zweieinhalb Stunden Däumchendrehen ohne die Kinder – für eine Mutter unzumutbar

Immerhin kam es in der kurzen Frauenhaus-Phase zu Kontakt zwischen dem Neugeborenen und seinem Vater. Frau P beschreibt das wie folgt: … es war auch so, dass der Vater mit dem Kleinen bei jeder Übergabe zweieinhalb Stunden Zeit hatte. Das heißt als Konsequenz, ich glaube, das kann sich niemand vorstellen, dass ich jedes Mal, wenn wir uns getroffen haben, zweieinhalb Stunden frei hatte, die ich irgendwo verbringen musste, bis ich den Säugling wieder zu mir bekommen habe. Wenige Sätze weiter nennt sie das gar eine Situation, die unerträglich geworden ist.

Bin ich der einzige, der bei dieser Aussage wütend wird? Da überlegt sich die Mutter zweier kleiner Kinder spontan, den Vater zu verlassen, macht falsche Vorwürfe, um das durchziehen zu können, und beschwert sich anschließend, dass sie einmal die Woche zweieinhalb Stunden Däumchen dreht, weil der Vater sein Recht und das Recht der Kinder wahrnimmt. Da platzt mir die Hutschnur und bleibt mir die Spucke weg! Wenn Sie sich langweilen, nehmen Sie sich ein Buch zur Hand! Zum Beispiel „Eine Woche Mama, eine Woche Papa“.

Eine Bezugsperson – natürlich die Mutter!

Später im Interview legt Frau P immerhin die Karten auf den Tisch: Ich bin jetzt schon ganz fest der Meinung, dass ein Kind in dem Alter eine feste Bezugsperson braucht. Und das sollte in allererster Linie die Mutter sein. Aha! Ein Kind hat zwar mit Vater und Mutter zwei Eltern, aber feste Bezugsperson soll ausschließlich die Mutter sein. Dazu passt auch ihre spätere Feststellung, sie könne sich nicht vorstellen, dass ich als Vater das bei so kleinen Kindern auch hinkriegen würde – Frau P spricht von der Intensität der Zeit mit dem Nachwuchs. Sie gehört also zu den Müttern, die Vätern generell gewisse Fähigkeiten absprechen, Nähe zu ihren Kindern zu entwickeln.

Da fällt mir kaum etwas zu ein, also weiter im Text: Frau P erwähnt das Stillen beider Kinder. Der eine Sohn ist ein Jahr, der andere zwei Jahre alt. Zugegeben: Ich bin da kein Experte, und von „gar nicht stillen“ bis zu „so lange wie möglich stillen“ gibt es zweifellos ganz viele Meinungen. Nach Beobachtungen in meinem Umfeld ist es ein durchaus üblicher Modus, etwa ein halbes Jahr nach der Geburt langsam mit dem Abstillen zu beginnen. Ich kenne jedenfalls kaum Mütter, die etliche Monate über das erste Lebensjahr hinaus gestillt haben. Frau P stillte zum Zeitpunkt des Interviews noch ihren zwei Jahre und drei Monate alten Sohn. Sie hatte nach ihren Angaben sehr wohl das Gefühl, dass er dadurch seine fehlende Nähe zu seiner Mutter kompensiert – gemeint ist die fehlende Nähe während der Zeit beim Vater.

Ich wäre vermessen, würde ich im Brustton der Überzeugung verkünden, das könne gar nicht sein. Gleichwohl kommt mir der Verdacht, es könne sich bei der ungewöhnlich langen Stillzeit womöglich eher um Kompensation fehlender Nähe seitens der Mutter handeln. Eine zu lange Mutter-Kind-Symbiose geht nicht immer vom Kind aus. Sicher, das ist spekulativ. Aber es passt zu diversen Aussagen von Frau P.

Urlaubsplanung – der Vater darf sich hinten anstellen

Zum Beispiel auch zu dieser: Wenn ich in den Urlaub fahren möchte, möchte ich ihm mitteilen, wann ich fahre. Aber ich möchte ihn nicht mit einbeziehen in meine Urlaubsplanung. Wie bitte? In mir wächst das Bedürfnis, Frau P zu packen und zu schütteln. Es geht um den Vater Ihrer Kinder, meine Dame! Er hat jedes Recht zu erfahren, wann sich seine Söhne wo aufhalten. Er hat jedes Recht darauf, dass Sie und er Urlaubspläne miteinander absprechen und koordinieren. Wie soll denn er ansonsten den Urlaub mit seinen Kindern planen können? Wie würden Sie sich fühlen, wenn Sie zwei Wochen lang nicht wüssten, wo sich Ihre Söhne aufhalten, weil der Vater Sie nicht in seine Urlaubsplanung einbezogen hat? Merken Sie noch irgendetwas, Frau P?

Genau dort scheint mir in vielen Fällen der Hase im Pfeffer zu liegen: Ein Elternteil – in diesem Fall die Mutter – trennt sich, beansprucht das Gros der Zeit mit den Kindern für sich (in diesem Fall ist ja das Wechselmodell angeordnet, ihr Anspruch zumindest teilweise zurückgewiesen) und will obendrein, dass das andere Elternteil am besten keinerlei Einfluss auf das Leben der Ex-Partnerin mehr ausübt. Da verrate ich an dieser Stelle einigen Müttern – ich weiß, solche Väter gibt’s auch – mal ein Geheimnis: So funktioniert das nicht, meine Damen! Kinder brauchen die Nähe und eine intensive Beziehung zu BEIDEN Eltern, das ist mittlerweile unstrittig. Merkt’s euch, Mütterlobbyistinnen!

Kein Wochenende bei der Mutter?

Die Interviews mit Frau P und Herrn A werfen weitere Fragen auf, nicht alles ist aber so eindeutig zu bewerten wie die von mir zitierten Aussagen der Mutter. Da ist zum Beispiel die Tatsache, dass das Wechselmodell so ausgeübt wird, dass die Mutter den zweijährigen Sohn am Wochenende gar nicht sieht. Sie war zwar zum Zeitpunkt des Interviews nicht berufstätig, dennoch erscheint mir eine solche Regelung kritikwürdig. Mangels Einblicks in die Hintergründe der zeitlichen Verteilung kann ich dazu aber keine weiteren Ausführungen machen.

Herr A macht grundsätzlich einen vernünftigen Eindruck. Ihn hat das Interview sehr bewegt bis hin zu wiederholten Tränen, wie aus der Niederschrift Danielle Geburs hervorgeht. Er ist freiberuflicher Journalist und hat seine Tätigkeit eigenen Angaben zufolge auf das Wechselmodell abgestimmt. Frau P führt allerdings an, er habe ihr die Kinder mehrfach außer der Reihe übergeben, weil er beruflich zu tun habe. Auch über diese Gemengelage kann ich mangels tieferen Einblicks keine weiteren Aussagen machen.

Frau P kam über die Sozialen Medien mit Danielle Gebur in Kontakt. Die Autorin hatte auf verschiedenen Wegen nach Eltern im Wechselmodell gesucht, die bereit für ein Interview waren. Herr A war über Frau P dazugestoßen. Es ist also möglich, dass beide diese Zeilen lesen, daher erlaube ich mir abschließend, das Wort an beide zu richten: Lieber Herr A, kämpfen Sie weiter um einen gleichberechtigten Platz im Leben Ihrer Söhne! Die beiden werden es Ihnen danken. Liebe Frau P: Wachen Sie endlich aus Ihren Illusionen auf!

Autorin: Danielle Gebur
Originaltitel: Erziehung im Wechselmodell – Trennungskinder und gelungene Erziehungspartnerschaft
Deutsche Erstveröffentlichung: 10. Dezember 2014
157 Seiten
Verlag: Tectum Wissenschaftsverlag Marburg
Preis: 24,95 Euro

Copyright 2015 by Volker Schönenberger

 

4 Antworten

  1. […] Mindestens ebenso interessant wie Geburs Arbeit ist die im Anhang zu findende Niederschrift der zehn Interviews, die die – damals angehende – Sozialpädagogin geführt hat. Die Aussagen der anonymisierten fünf Mütter und fünf Väter geben einen tiefen Einblick in ihre Befindlichkeiten. Besonders aufschlussreich und entlarvend war für mich das Interview mit Frau P – derjenigen Mutter, die das Wechselmodell von allen Befragten am negativsten darstellt. Es war so aufschlussreich, dass es mir eine gesonderte Betrachtung wert erschien, zu finden bei Fatherleft, dem Blog von Lutz R. Bierend. […]

  2. Kai V sagt:

    „Er hat jedes Recht zu erfahren, wann sich seine Söhne wo aufhalten.“

    Nun, da sage ich mal ganz spontan, NÖ!!! Ich hohle meinen Sohn ab und mache was ich möchte, bis meine viel zu kurze, gesetzlich vorgeschriebene Zeit zu ende ist!!! Soweit kommt das noch das ich meiner Ex erzählen muss wo wir hin fahren. Mein Sohn hatte sehr schnell ein Handy, ein bis drei Anrufe pro Woche, ende Gelände. Und wenn es zuviel wurde (bis zu viermal am Tag), dann Camping in den Bergen, ohne Handyempfang… Thats it.

    • Fatherleft sagt:

      Ich finde auch, dass man unterscheiden muss. wenn es um reisen ins ausland geht ist es zu mindestens angebracht zu wissen wohin es gehen soll. Bei einigen Reisezielen kann er dann durchaus auch ein Wort mitreden (eine Urlaubsreise nach Libyen ist glaube ich schon diskussionwürdig), aber im Detail obliegt des dem jeweiligen Elternteil zu entscheiden, wie und wo sie die gemeinsame Umgangszeit verbringen.
      Nur über die Zeit an sich muss immer klarheit bestehen.

  3. Genau so war das natürlich gemeint, wobei ich die Auskunft weniger von der Frage Ausland oder nicht abhängig mache, sondern mehr von der Dauer der Reise. Ich verrate der Mutter meiner Töchter auch nicht im Detail, wo genau ich mich jeden Tag mit den beiden aufhalte. Aber wenn ich sie in den Ferien für zwei Wochen übernehme und einen längeren Trip plane, bin ich es der Mutter meiner Ansicht nach schuldig, ihr mein Reiseziel zu nennen, wobei ich es vermutlich zuvor meinen Kindern ohnehin schon verraten habe und sie es gern weitersagen dürfen (und das auch tun). Den Abenteuerurlaub nach Afghanistan hab‘ ich allerdings vorerst verschoben.

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